...und die Entwicklung einer passenden geistigen Haltung im Kampf.
Von Ole Boe, Militärpsychologe*
Warum nutzen militärische und polizeiliche Spezialeinheiten, Spitzen-Athleten und Top-Krav Maga-Instructors mentales Training?
Die einfache Antwort auf diese Frage lautet: Weil es funktioniert. ...
Die effekte mentalen Trainings und die Entwicklung einer passenden gesitigen Haltung im Kampf.
... dem Gold- und dem Silbermedaillengewinner bei Olympischen Spielen?
... jemandem, der sich in einer gewalttätigen Situation erfolgreich verteidigen kann und jemandem, dem dies nicht gelingt?
... einem Soldaten, der bravorös in einer Schlacht agiert gegenüber dem, der dies nicht tut?
Hängt die unterschiedlichen Ergebnisse in diesen Fällen einfach nur von den physischen Qualitäten ab?
Sieg wird sehr häufig als die Folge einer guten mentalen Vorbereitung erachtet. Wenn man Weltklasse-Athleten betrachtet: Vielleicht haben Sie schon bemerkt, dass
diese sich vor einem Wettbewerb mental vorzubereiten scheinen. Beobachten Sie einmal einen solchen Athleten vor dem Start des Wettbewerbs. Man kann beinahe sehen, was der Sportler denkt.
Gewöhnlich scheint der Athlet eine Reihe von Bewegungen durchzugehen, die denen ähneln, die er gleich machen wird. Mit anderen Worten: Solche Athleten visualisieren den bevorstehenden Wettkampf.
In der Welt des Sports gibt es mentales Training seit vielen Jahren, und das hat die Aufmerksamkeit in anderen professionellen Bereichen in den vergangenen Jahrzehnten auf sich gezogen. In
den 80er Jahren haben die Green Berets der US Armee ein Programm gestartet, das sich mit mentalem Training beschäftigte. Der Name des Programms lautete “Jedi Project”, und sein Ziel war, die
mentalen Fähigkeiten des einzelnen Soldaten zu erweitern und sie so zu besseren Kriegern zu machen. Das Programm beinhaltete das Neurolinguistische Programmieren (NLP) und war sehr
erfolgreich. Eyal Yanilov war ein früher Pionier, der NLP und andere Formen mentalen Trainings ins Krav Maga einbrachte. NLP ist ebenso in der norwegischen Armee seit vielen Jahren in
verschiedenen Spezialeinheiten und den militärischen Akademien genutzt worden; mit guten Resultaten und einer signifikanten Verbesserung in ganz verschiedenen Bereichen wie Fallschirmsprung oder
Nahkampf.
Ich habe seit vielen Jahren das Privileg als Offizier in verschiedenen Spezialeinheiten Norwegens und dabei in verschiedenen Ländern dienen zu dürfen. Ich habe
einige interessante Erkenntnisse in dieser Zeit gewonnen. Man findet häufig starke Persönlichkeiten in dieser Art von Einheiten. Die Forschung hat gezeigt, dass Special Forces-Soldaten
einzigartigerweise mehr von einem protein-ähnlichen Molekül im Blut produzieren, das man Neuropeptid Y. kennt. Dieses Molekül hilft das Gehirn in stressvollen Situationen zu
beruhigen.
Diese Leute sind ziel- und problemorientiert, und haben eine außerordentliche Fähigkeit, nach Rückschlägen wieder auf die Beine zu kommen. Sie sind außerordentlich
gute Teamworker, behalten aber gleichwohl ihr Unabhängigkeit und Selbstgenügsamkeit. Überdurchschnittliche Intelligenz, Charakter und Hingabe sind ebenso Eigenschaften, die diesen Individuen
gemeinsam sind. Darüber hinaus verfügen sie über sehr gute Stressbewältigungsstrategien und sind sich sehr über ihr Verhalten in einer Vielzahl von schwierigen Situationen, in die sie geraten
könnten, bewusst. Diese Leute haben einen sehr dezidierten Kampfgeist.
Was muss man nun also tun, um einen dezidierten Kampfgeist zu entwickeln?
Arbeiten Sie an ihrer Konzentrationsfähigkeit! Man muss sich ein bisschen über Stress informieren, um seine verschiedenen Reaktionen auf Stress zu verstehen. Es ist
sehr nützlich zu durchschauen, wie man in unterschiedlichen Situationen handelt. Sich bewusst zu sein über die üblichen mentalen und physischen Reaktionen in einer Selbstverteidigungs- und
Kampfsituation und die normalen Abläufe, die Leute in einer gefahrvollen Lage durchlaufen, ist sehr nützlich. Es ist sehr wichtig, die OODA-Schleife zu kennen (Observe-Orient-Decide-Act), mentale
Blockaden und kognitives “Gaffen” (die Aufmerksamkeit wird von einem Stimulus mit einem starken emotionalen Aspekt beansprucht). Wenn man einmal in den theoretischen Aspekten sattelfester ist,
sollte man sich der praktischen Seite des Konzentrationstrainings zuwenden. An der Militärakademie, an der ich arbeite, haben wir ein Programm für mentales Training. Es beginnt üblicherweise mit
etwas Basistraining in Achtsamkeit. Beispielsweise durchlaufen unsere Kadetten dieses Programm, bevor sie mit einem Fallschirm aus dem Flugzeug springen. Unsere Untersuchungen haben gezeigt, dass
das Stress-Empfinden bei denen deutlich reduziert ist, die das Achtsamkeits-Training durchlaufen haben gegenüber denen, die es ohne dieses Training aus dem Flugzeug sprangen.
Unterm Strich läuft es auf eins raus: Wenn man nicht fähig ist, im gegenwärtigen Moment bewusst und achtsam zu existieren, und darauf fokussiert zu bleiben, wird man
früher oder später bei seinem mentalen Training auf einige Probleme stoßen. Es gibt verschiedene Atemübungen und Entspannungstechniken, die dabei helfen, seinen Aufmerksamkeit in stressigen
Situationen zu bewahren. Meistert man das ganz im “Hier und Jetzt” zu sein, kann man sein mentales Training mit anderen Formen fortsetzen. Bei der Entwicklung mentaler Fähigkeiten geht es im
Wesentlichen um vier Strategien: Visualisierung, Zielsetzung, positive Selbstgespräche und Entspannung. Auf dieser Grundlage entwickeln wir Selbstvertrauen, Kontrolle der physischen Erregung,
Aufmerksamkeitskontrolle, Imagination und Visualisierung, Hingabe, den Gebrauch des Selbstgesprächs, und die Selbstverpflichtung, eine gute physische Fitness beizubehalten. Ein guter Startpunkt
fürs mentale Training ist für jeden, sich einen Angriffsplan zurechtzulegen: Wie, wo, wann und in welcher Häufigkeit man sich dem mentalen Training widmen will.
Auch geht es darum, an seinen Krav Maga-Kapazitäten zu arbeiten; denn diese sind sehr wertvoll, weil man sie auf andere Situationen übertragen kann. In Norwegen hat
man eine Gruppe von Soldaten ein drei Wochen langes Nahkampftraining mit hohen Stress-Intensitäten absolvieren lassen, eine andere musste ohne dieses Training auskommen. Danach mussten sie in
voller Ausrüstung von einem 30 Meter hohen Wasserturm springen. Bei beiden Gruppen wurde die Herzfrequenzraten gemessen - während sie die Ausrüstung anlegten, kurz vor dem Sprung, nach einem und
nach drei Metern im Fallen. Das Ergebnis: Die nahkampftrainierte Gruppe hatte niedrigere Pulsausschläge als die andere, sowohl bei einem wie bei drei Metern. Kurz gefasst: Es gibt eine hohe
Wahrscheinlichkeit, dass man als Krav Maga-Trainierender auch in anderen Situationen ruhiger bleibt.
Wenn es dabei um Kampf und Entschlossenheit geht, wird es für Sie wichtig werden, ihr mentales Training auf diverse Aspekte zu richten. Beispielsweise das
Konditionieren des Emotionsklimas, das mit dem Umgang mit Schmerz zu tun hat, und andere Theorien und Techniken zur Fortsetzung eines Kampfes.
Genauso wichtig ist die Fähigkeit, negative Gedanken zu vermeiden. Sich
über seine eigenen destruktiven Gedanken bewusst zu werden und wie man sie in positive verwandelt, ist von enormer Wichtigkeit.
Arbeiten Sie an einer positiven Grundhaltung; positive Affirmationen wie “Ich kann das...” während man parallel an der Reduzierung von Angstzuständen und Sorgen,
Selbstzweifeln und vermindertem Selbstvertrauen arbeitet, um unter Stress besser zu funktionieren.
Eine andere nützliche Vorgehensweise wird “strategische Vision” oder eben Visualisierung genannt; im militärischen Jargon spricht man von “tactical performance
imagery”. Dabei geht es um die wertvolle Fähigkeit, verschiedene stress-intensive Szenarien gedanklich-visuell und das eigene Agieren in ihnen durchzuspielen.
Also, alles in allem: Fangen Sie an, an Ihren mentalen Fähigkeiten zu arbeiten. Am besten finden Sie jemanden, der Ihre Anstrengungen unterstützen kann. Oder wollen
Sie etwa nur darüber nachdenken?
Ole Boe, Ph.D.
*Associate Professor of Leadership
Department of Leadership and Tactics
Norwegian Military Academy
KMG Instructor, Expert 3 Level
Krav Maga Academy Oslo
Assistant director of KMG Norway
Original:
The effects of mental training and the development of a proper
combat mindset, by Ole Boe
Dt. Übersetzung: Oliver Bechmann